Dem Unrecht auf der Spur: Die Kunsthalle Mannheim widmet dem Thema Provenienzforschung zum Abschluss der Ausstellung „Wieder-Entdecken“ eine Veranstaltungsreihe

KUMA BLOG

Dem Unrecht auf der Spur: Die Kunsthalle Mannheim widmet dem Thema Provenienzforschung zum Abschluss der Ausstellung „Wieder-Entdecken“ eine Veranstaltungsreihe

Dienstag, 20. Oktober 2020
Anne-Sophie

„Ein Großteil des Unrechts ist auch heute noch längst nicht aufgearbeitet“, erklärt Dr. Mathias Listl und zielt damit auf die Aufklärung der Kunstraube ab, die zur Zeit des NS-Regimes begangen wurden. Diese Erforschung der Herkunft, der Provenienz eines Kunstwerks, fällt in die kunsthistorische Dis-ziplin der Provenienzforschung. Der Kunsthistoriker Listl erforschte für die Kunsthalle Mannheim die eigenen Sammlungsbestände nach sogenannter Raubkunst. Die Ergebnisse dieser Recherchen sind noch bis zum 31. Ja-nuar 2021 in der Ausstellung „(Wieder-)Entdecken – Die Kunsthalle 1933 bis 1945 und die Folgen“ zu sehen. Zu diesem Anlass nimmt die Kunsthalle das Thema Provenienzforschung in einer dreiteiligen Vortragsreihe in den Blick.


Den wahrscheinlich prominentesten Fall von aufgedeckter Raubkunst, den Skandal um den Kunsthändler Hildebrand Gurlitt, thematisiert Dr. Meike Hoffmann am 27. September. Die Projektkoordinatorin der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ gewährt in ihrem Vortrag Einblick in die Spurensuche nach Gurlitts Rolle im NS-Kunsthandel und seinen Netzwerken, die bis ins besetzte Paris im Jahr 1941 führen, an das Deutsche Institut in Paris. Was Provenienzforschung überhaupt bedeutet und warum diese Aufgabe für Mu-seen von so großer Bedeutung ist, veranschaulicht Mathias Listl am 25. Ok-tober. Zum Abschluss der Reihe und der Präsentation „(Wieder)-Entde-cken“, geht Prof. Dr. Christoph Zuschlag der Uni Bonn auf die fast 600 1937 in Mannheim als „entartete Kunst“ beschlagnahmten Kunstwerke ein, be-sonders auf das Gemälde „Die Prise (Der Rabbiner)“ von Marc Chagall. Denn gerade dieses Werk, das sich heute in der Sammlung des Kunstmu-seum Basel befindet, wurde von der nationalsozialistischen Hetzkampagne besonders stark angefeindet.
Die Präsentation „(Wieder-)Entdecken – Die Kunsthalle 1933 bis 1945 und die Folgen“ wurde am 1. Juni 2018 eröffnet und ist noch bis zum 31. Januar 2021 zu sehen. Die Schau veranschaulicht die Auswirkungen, die die Zeit des Nationalsozialismus bis heute auf die Kunsthalle, ihre Sammlung sowie auf die mit dem Museum verbundenen Menschen hat. Ein Fokus liegt auf dem dauerhaften Verlust von über 500 Werken, den das Museum 1937 im Zuge der Beschlagnahmungen „entarteter Kunst“ erlitten hat. Deutlich wird aber auch, dass die Kunsthalle Mannheim nicht ausschließlich als Opfer zu begreifen ist. In der Ausstellung wird mit den „Kulturbolschewistischen Bil-dern“ gleichzeitig auch der Blick auf jene 1933 von der Kunsthalle Mann-heim durchgeführte Propaganda-Ausstellung gelenkt, die am Anfang der nationalsozialistischen Hetzkampagnen gegen die moderne Avantgarde steht.

Weitere Blogbeitraege

„Unheil“

Dieser Text wurde verfasst als Einführung zu einer Vorführung des Films „Unheil“ von John Bock im Rahmen der Filmreihe Film & Kunst im Cinema Quadrat, Mannheim, am 15.06.2023. Hier liegt der Text nun in leicht überarbeiteter Fassung vor. Über den Vergleich mit anderen Arbeiten von Bock und mit Filmen von Christoph Schlingensief wird „Unheil“ in das... Blogbeitrag lesen

Nationalsozialistische Raubkatzen

Philipp Harth (1885-1968) – ein Name, der selbst vielen Kunstinteressierten heute kein Begriff mehr sein dürfte. Dabei gilt er der Kunstgeschichte als „[…] zweifellos der bedeutendste dt. Tierbildhauer der Zwischen- und Nachkriegszeit, der wesentlich zu Erneuerung des Sujets beigetragen hat.“(1) Seine Aufsätze zur Bildhauerei wurden seinerzeit von einem... Blogbeitrag lesen

A way of resisting (Athens Data Garden), 2020

Next to human activities such as burning fossil fuels and deforestation the exponentially growing digital data-driven economy contributes to climate crisis with energy intensive infrastructures such as data centres. By 2024 storing data is set to create around 14% of the world’s emissions, which is around the same amount that US creates today. Abb 1: A... Blogbeitrag lesen

Kunst im Schwebezustand

Der Künstler Tomas Kleiner hat für die Ausstellung "1,5 Grad. Verflechtungen von Leben, Kosmos, Technik" ein performatives Atelier eingerichtet, in dem er an drei Terminen artenübergreifende Flugübungen durchführt. Kuratorin Anja Heitzer hat sich intensiver mit seinem Werk beschäftigt.      Abb.: Tomas Kleiner, Performatives Atelier, 2023;... Blogbeitrag lesen

Das große Fressen

Nahezu 200 Werke zählt die Ausstellung 1,5 Grad. Eines davon stellt der Kurator Sebastian Schneider genauer vor: Brakfesten / La Grande Bouffe von Anne Duk Hee Jordan und Pauline Doutreluingne. Hier erläutert er, was ihn an dem Werk begeistert und warum es für die Ausstellung ausgewählt wurde. Abb. 1 Anne Duk Hee Jordan & Pauline Doutreluingne,... Blogbeitrag lesen

MELDEN SIE SICH FÜR DEN NEWSLETTER AN

Die Kunsthalle Mannheim informiert Sie regelmäßig über das Museum, aktuelle Ausstellungen und Veranstaltungen.

Anmelden