
Zu Besuch bei Don Otavio:
Eine mexikanische Reise.
Auszug aus dem Reisebericht
von Sybille Bedford.
An die Seite von Manets berühmtem Gemälde „Die Erschießung Kaiser Maximilians“ gesellt sich mit unverstellter Klarheit die Stimme einer der glänzendsten Stilistinnen (Bruce Chatwin) unserer Zeit.
Gelesen von Nina Kunzendorf

Schnitt, Regie und Dramaturgie:
Heiko Daniels
Aufnahme: Mingus Ballhaus
Produktion: Kunsthalle Mannheim 2025

Édouard Manet
L'exécution de l'empereur Maximilien
Die Erschießung Kaiser Maximilians
Datierung: 1868 - 1869
Ölfarbe, textiler Bildträger
252 x 302 cm
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges reist die im amerikanischen Exil lebende Sibylle Bedford (geb. von Schoenebeck) mit ihrer Lebensgefährtin Esther Murphy durch Mexiko. In Cuernavaca machen sie Zwischenstation auf den Spuren des Habsburgers Maximilian. Von Napoleon III. als Marionettenkaiser in Mexiko installiert, wurde dieser nach nur wenigen Jahren Regentschaft 1867 von einem mexikanischen Kriegsgericht der Revolutionäre zum Tode verurteilt. Das Ereignis löste in Europa eine politische Schockwelle aus und wurde kontrovers diskutiert. Edouard Manet malte in kurzer Zeit vier Versionen der Erschießung, die in Frankreich zensiert wurden. Die letzte Version hängt seit 1908 als Hauptwerk in der Kunsthalle Mannheim.
Die mit allen Sinnen reisende Bedford findet den Palast Maximilians als „nichtssagendes Gehäuse“ vor. Erst im Gespräch mit der vielbelesenen Freundin fügen sie dem Gemälde Manets und den persönlichen Reiseeindrücken ein weiteres inneres Bild vom spukhaften Auftritt des Habsburgers hinzu. Stilistisch brillant, quasi im Sturzflug, skizziert Bedford in ihrem Reisebericht den komplexen kolonialen Superdeal. Während historische Details wie Landschaften vorbeifliegen, bringt sie das Wesen des Konfliktes umso sicherer auf eine untrügliche Formel: „Eine Tragödie der Missverständnisse, des Abgrunds zwischen Mensch und Mensch; traurig, oft erbärmlich, außergewöhnlich nur der barocken Details wegen und der nichtigen Wünsche aller Beteiligten.“
„Was Bedford vermittelt, ist die Tatsache, dass alles fraglich ist; dass die conditio humana darin besteht, dass Abermillionen Menschen auf der Erde hin und her geschubst werden und vergeblich versuchen, Halt zu finden, aber irgendwie immer wieder daran gehindert werden.“ (Bruce Chatwin)
Credits:
Foto Manet: Kunsthalle Mannheim / Cem Yücetas
Foto Nina Kunzendorf: Valeria Mitelman
Textausgabe: The Sudden View: A Mexican Journey von Sybille Bedford erschien erstmals 1953. Deutsche Ausgabe Schirmergraf 2007.
Auszug aus den Kapiteln Cuernavaca und Kaiser Maximilian in Queretaro.