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Max Radler. Radiohörer

Neue Sachlichkeit - 906

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Sprecher:

Die 1920er-Jahre waren geprägt von der Öffnung zu einer demokratischen Massenkultur, deren Leitmedien Film und Rundfunk waren, ergänzt durch Zeitschriften und Illustrierten. Im Dezember 1923 ging als erster deutscher Radiosender die Berliner Funk-Stunde AG auf Sendung; zwischen 1925 und 1931 sollten sich dann alle regionalen Sender zur Reichsrundfunkgesellschaft zusammenschließen. Zu dieser Zeit hörten bereits Millionen Menschen Radio, einer davon ist Max Radlers „Radiohörer“ aus dem Jahr 1930. Im Bildhintergrund sieht man eine Fabrik, die den Radiohörer als Arbeiter ausweist. Der 1924 gegründete Arbeiter-Radio-Klub sah das Radio „als ein wichtiges technisches Hilfsmittel, das geeignet ist den kulturellen Willen der Arbeiterklasse zu manifestieren“. 

Sprecherin:

Die Fabrik im Fensterrahmen hängt Radler wie ein Bild im Bild an die Zimmerwand. Eine neusachliche Landschaft, die den Ort entfremdeter Arbeit stark absetzt von dem vollkommen auf sich selbst und die Sendung konzentrierten Hörer. Vor der leeren Wand gewinnt seine innere geistige Statur an Kontur. Er wächst über sich und den ihm zugemessenen Rahmen hinaus. Radler zeigt einen neuen Typus: den nach Individualität und nach persönlicher Entwicklung strebenden Mensch. Das Radio ist dabei die Schlüsseltechnologie seiner Schulung. Auf dem Notizzettel sehen wir die Daten und Uhrzeiten für weitere Sendungen notiert.

Sprecher:

Der technisch einfache Aufbau erlaubte es vielen, sich eigene Radioapparate kostengünstig zu bauen: typisch für die ersten Radios war dabei die Verwendung von Kopfhörern. Es war die Stunde der Rundfunkpioniere und Radiobastler. Auch Autoren wie Alfred Döblin und Bertolt Brecht zählten zu den Begeisterten, die das Medium bereits in den 20er Jahren prägten. Brecht forderte 1932, das Medium solle interaktiv sein. Der Rundfunk solle „nicht nur aussenden, sondern auch empfangen, den Zuhörer nicht nur hören, sondern auch sprechen machen und ihn nicht isolieren, sondern ihn in Beziehung setzen“. Moderne Kommunikationsformen vorwegnehmend, verlangte er den „Aufstand des Hörers, seine Aktivierung und seine Wiedereinsetzung als Produzent“. Die Nationalsozialisten schließlich schätzten das Potential des neuen Massenmediums ebenfalls richtig ein, verboten u.a. Einrichtungen wie den Arbeiter-Radio-Klub, schalteten alle Inhalte gleich und nutzten das Medium zu propagandistischen Zwecken.

Sprecherin:

In unserer HörBar Neue Sachlichkeit können Sie hier in der App oder an Hörstationen im Haus Beispiele und Remakes früher Rundfunkarbeiten der 20er Jahre hören.

Hector-Bau > Ebene 0 > Ausstellung Raum 1

Max Radler (1904–1971)
Der Radiohörer / The Radio Listener
1930
Öl auf Leinwand / Oil on canvas
63 × 49 cm
Städtische Galerie im Lenbachhaus und
Kunstbau München / Munich
© Nachlass Max Radler

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