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Otto Dix. Anita Berber

Neue Sachlichkeit - 908

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Sprecherin:

In Hartlaubs Ausstellung von 1925 war Otto Dix mit sieben Gemälden vertreten. Neben George Grosz gilt er als Hauptvertreter des linken Flügels der Neuen Sachlichkeit. Rückblickend behauptete er sogar:

Sprecher:

„Kunst machten die Expressionisten genug. Wir wollten die Dinge ganz nackt und klar sehen, beinahe ohne Kunst. Die Neue Sachlichkeit, das habe ich erfunden.“

Sprecherin:

Besonders das Erlebnis des Krieges hatte Dix‘ Haltung zu Kunst und Leben geprägt. Schon während seiner Dada-Phase um 1920 setzte er sich kritisch und anklagend mit sozialen Themen auseinander und schuf mit Prostituierten, Kriegsversehrten und den Verlierern der Gesellschaft die Prototypen der Zeit. Gleichzeitig war Dix ein schonungsloser Porträtist, der wichtige Persönlichkeiten verewigte. 
Von suggestiver Farbwirkung ist die 1925 entstandene Darstellung von Anita Berber, der skandalumwitterten Schauspielerin und Tänzerin, die mit ihren nackt dargebotenen Aufführungen schockierte und zugleich das Publikum anzog. Auch der Schriftsteller Klaus Mann war Zeuge: 

Sprecher:

„Anita Berber – das Gesicht zur grellen Maske erstarrt unter dem schaurigen Gelock der purpurnen Coiffure – tanzt den Koitus. […] Ihr Gesicht war eine düstere und böse Maske. Der stark geschwungene Mund, den man sah, war keineswegs ihrer, vielmehr ein blutig-rotes Machwerk aus dem Schminktöpfchen.“ 

Sprecherin:

Der Absturz war dramatisch, alkohol- und kokainabhängig starb Berber mit nur 28 Jahren in Berlin. Otto Dix malte sie drei Jahre zuvor, als ahnte er ihr Ende schon voraus. Ihr verführerisch dargebotener Leib ist durch das eng anliegende, hochgeschlossene Kleid gleichzeitig verhüllt und entblößt. Die Farbe Rot transportiert einerseits die Vorstellung von Leidenschaft und Verführungskraft, andererseits aber auch von Verderben und Verruchtheit. Warmes und kaltes Rot sind gegeneinandergesetzt und visualisieren so auch den inhaltlichen Konflikt, der in der Figur steckt. Der erotische Reiz geht letztlich ins Leere, der durch den exzessiven Lebenswandel verursachte Verfall der jungen Frau dominiert das Bild.

Sprecher:

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten verlor Dix 1933 seinen Posten an der Akademie der Bildenden Künste in Dresden und zog sich an den Bodensee zurück. 1937 wurde er als „entarteter“ Künstler eingestuft und zahlreiche Bilder beschlagnahmt. Gleichzeitig war es ihm jedoch möglich, in „gemäßigtem Stil“ unbehelligt weiter zu arbeiten.

Hector-Bau > Ebene 0 > Ausstellung Raum 1

Otto Dix (1891–1969)
Bildnis der Tänzerin Anita Berber /
Portrait of the Dancer Anita Berber
1925
Öl und Tempera auf Sperrholz /
Oil and tempera on plywood
120,4 × 64,9 cm
Sammlung / Collection LBBW im / in
Kunstmuseum Stuttgart
© VG Bild-Kunst, Bonn 2024

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