Strachan 808

Sprecherin:

Vor Ihnen erstreckt sich die eindrucksvolle Installation Jah Rastafari With Rice Field, in der sich Sakralität und Ironie mit Themen des Kolonialismus, der Afrikanischen Diaspora und des Panafrikanismus verknüpfen. In der Mitte eines indischen Reisfeldes steht, aus Terrakotta geformt, das Totem-Porträt von Haile Selassie I. Dessen Bild mit kaiserlicher Krone, haben Sie schon in dem Gemälde „Every Tongue Shall Confess“ im ersten Raum dieser Ausstellung gesehen.

Als „Africa´s Last King“ bezeichnet, war Haile Selassie der letzte Kaiser von Äthiopien. Seine Herrschaft dauerte von 1930 bis 1974, ein Jahr vor seinem Tod.  Als Kaiser der einzigen Nation Afrikas, die nie kolonialisiert wurde, war Selassie ein Symbol des Widerstands. Im Rahmen der von Jamaika ausgehenden spirituellen Bewegung der Rastafari wurde er als Jah (Dschah), Gott, bezeichnet. Zwischen den 1960er und 1980er Jahren wurde seine Figur vor allem durch die Reggaemusik bekannt – eine Dimension, auf die auch Strachan Bezug nimmt.

Sprecher (als Zitat):

 „Als bildender Künstler muss ich zugeben, dass ich Haile Selassie und Marcus Garvey nur über die Musik kenne. In der Schule hat man sich nicht mit ihnen beschäftigt, meine Eltern haben ihnen keine Aufmerksamkeit geschenkt, und die Kultur hat sich nicht in dem Maße mit ihnen beschäftigt, wie es Musiker taten.“

Sprecherin:

Strachans Skulptur zeigt Selassie, der die Krone trägt, zusammen mit einer Dhau, dem traditionellen Segelschiff Ostafrikas, einem Paar ostafrikanischer Stammesschilder und einem Fußball. Die Skulptur steht inmitten eines Feldes mit indischem Reisgras. Reis, ein Grundnahrungsmittel in der Karibik, wurde in der Region von indischen Arbeitern unter europäischer Kolonialverwaltung eingeführt. Das Gras ist so ausgelegt, dass das Muster eines traditionellen afrikanischen Piktogramms entsteht, das Authentizität und Exzellenz symbolisiert.

Als Kontrapunkt zur Figur des Haile Selassie trifft man am Ende des Raumes auf die Skulptur von Matthew Henson, dem afroamerikanischen Polarforscher, der im Mittelpunkt eines Großteils der Arbeiten des Künstlers steht. Zusammen stellen die beiden Bildnisse eine Verbindung zum „unsichtbaren“ Teil der Weltgeschichte her, und verkörpern zwei Referenzfiguren für eine mögliche kollektive „Mythologie“ der Schwarzen Identität.