Wie wird Kunst digital erfahrbar?

Wilhelm Leibl, Die rechte Hand aus dem Langbehn-Bildnis, 1877, Leihgabe aus Privatbesitz seit 1985

Eines der Werke, für die eine digitale Präsentationsform gefunden werden soll: Wilhelm Leibl, Die rechte Hand aus dem Langbehn-Bildnis, 1877, Leihgabe aus Privatbesitz seit 1985
Wie wird Kunst digital erfahrbar?
12.02.21
Mathias Listl

Was ist die optimale Präsentationsform eines Kunstwerks im digitalen Raum? Diese einfache, gleichzeitig aber äußerst kompliziert zu beantwortende wie zu realisierende Fragestellung steht im Mittelpunkt des Projektes Vom Werk zum Display. Zusammen mit dem Kunstmuseum Stuttgart versucht die Kunsthalle Mannheim seit Februar 2020, für 32 ausgewählte Kunstwerke aus den Sammlungen beider Häuser ganz konkrete Antworten darauf zu finden. Möglich ist dieses innovative, auf vier Jahre angelegte Vorhaben durch eine Förderung im Fonds Digital der Kulturstiftung des Bundes.

Derzeit befindet sich das Projekt mitten in einer ersten Umsetzungsphase. Für jedes der ausgesuchten Werke – darunter Objekte aus dem 19. Jahrhundert bis hin zu zeitgenössischen Arbeiten – wird aktuell nach einer individuellen digitalen Präsentationsform gesucht. Erst in einem weiteren Arbeitsschritt wird es dann zu deren technischer Umsetzung kommen. An diesem äußerst kreativen Prozess wie auch an seiner Steuerung sind Mitarbeiter*innen aus den verschiedenen Abteilungen beider Museen beteiligt – von den Marketing-Abteilungen über die wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen bis hin zu den Verwaltungen. Seit September 2020 besteht darüber hinaus eine Zusammenarbeit mit der in Wien ansässigen Fluxguide Ausstellungssysteme GmbH. Die momentanen Beschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie stellen auch für unser Projekt eine große Herausforderung dar: So finden, anders als geplant, die Diskussionen um das jeweilige Objekt natürlich nicht vor Ort und dem jeweiligen Original statt. Der Gedankenaustausch zwischen den Beteiligten aus Stuttgart, Wien und Mannheim beschränkt sich aktuell ausschließlich auf Online-Konferenzen.        

Aber auch in der rein digital geführten Kommunikation entwickeln sich Ideen, was sich z. B. anhand des 1927/28 entstandenen Gemäldes Großstadt von Otto Dix zeigen lässt. Besondere Merkmale dieses dreiteiligen, in Öl auf Holz gemalten Werks aus der Sammlung des Kunstmuseums Stuttgart bilden seine komplexe Erzählung wie auch die vielen Brüche in den nur scheinbar realistisch wiedergegebenen einzelnen Raumstrukturen. Die bisher angedachten Ansätze zielen insbesondere darauf ab, diese beiden Aspekte herauszuarbeiten und den Nutzern der späteren digitalen Anwendung vor Augen zu führen. Untermalt von einem auf die jeweilige Szene abgestimmten Klangteppich sollen etwa einzelne Protagonisten wie das tanzende Paar der Mitteltafel als Avatare in das Bildgeschehen einführen. Dabei können sie von den Nutzern gleichzeitig gezielt gesteuert werden, um den Bildraum frei erkunden zu können.

 

Gefördert im Programm Kultur Digital der Kulturstiftung des Bundes

 

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