Drucken ohne Farbe
Zahlreiche Auf- und Umbrüche sowie das generelle Infragestellen bestehender Gattungsgrenzen kennzeichnen die Kunst der 1950er und 1960er Jahre. Auch im Bereich der Druckgraphik rüttelten damals viele Künstler an bis dato festen Gesetzmäßigkeiten und suchten nach neuen Techniken und Bildformen. Eines dieser Experimente, Graphik ganz neu zu denken, kreist um den Versuch, beim unmittelbaren Druckvorgang nicht mittels Farbe, sondern auf alternativen Wegen sichtbare Spuren auf dem gewählten Bildgrund zu hinterlassen. Der Präge- oder auch Reliefdruck etwa lässt Graphiken entstehen, die nur auf der plastischen Verformung ihres Trägermediums basieren und ihren besonderen Reiz aus dem Spiel von Licht und Schatten ziehen. Durch das Ausstanzen bestimmter Partien sprengen auch Perforierungen wie Lucio Fontanas „Teatrini“ die traditionelle Zweidimensionalität der Gattung. Dass Drucken ohne Farbe keineswegs immer zu farblosen Ergebnissen führen muss, beweisen schließlich Material- und Foliendrucke.
Die in der Ausstellung präsentierten Graphiken von Künstlern wie César, Lucio Fontana, Heinz Mack, Leo Erb oder Günther Uecker veranschaulichen die große Bandbreite dieser neuen, in größerem Maße erst ab den 1960er Jahren eingesetzten Druckverfahren. Das Spektrum der gezeigten Werke reicht dabei von streng geometrisch aufgebauten bis hin zu organisch-expressiven Arbeiten und umfasst viele der ab 1960 aufblühenden Kunstrichtungen wie Pop und Op Art, konkrete Kunst oder Nouveaux Réalistes.
Kurator: Dr. Mathias Listl